Agrarministerkonferenz in Büsum
Heute ist die Zukunft der Puten- und Legehennenhaltung gefährdet – und morgen die Nutztierhaltung in Deutschland
Berlin | 22.03.2023
Am 23. und 24. März treffen sich die Agrarminister von Bund und Ländern im schleswig-holsteinischen Büsum. Es geht dabei auch um den Plan des Bundes, die Putenhaltung in Deutschland so stark zu beschränken, dass die heimische Erzeugung von Putenfleisch wirtschaftlich nicht mehr rentabel wird. Ebenso würde die unveränderte Umsetzung der Vorgaben zur Geschlechterbestimmung im Ei spätestens zum 1. Januar 2024 zum Aus eines weiteren Wirtschaftszweigs führen. Und dies vor dem Hintergrund guter Nachfrage nach ernährungsphysiologisch wertvollen Geflügelprodukten! Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), der mit zahlreichen betroffenen Tierhaltern nach Büsum gereist ist, ruft die Länderminister dazu auf, klare Position gegen diese Pläne zu beziehen.
„Die Bundesregierung bedroht zusätzlich zur allgemein schon angespannten Krisensituation zwei florierende Wirtschaftszweige in ihrer Existenz! Die Landwirte und Tierhalter haben Angst um ihre Höfe und ihre Familien.“ Mit diesen Worten warnt Friedrich-Otto Ripke, Präsident des ZDG, anlässlich der Agrarministerkonferenz in Büsum die Ministerinnen und Minister. Er fordert die Agrarpolitiker der Länder dazu auf: „Stehen Sie für mehr Tierwohl, den Erhalt von Arbeitsplätzen und mehr Wertschätzung für unsere Bäuerinnen und Bauern ein. Stoppen Sie die Pläne des Bundeslandwirtschaftsministers, die ohne
Folgenabschätzung Tierschutzfortschritte, regionale Ernährungssicherung und die Wertschöpfung in ländlichen Räumen gefährden.“
Vorschlag zur Haltung von Mastputen unwissenschaftlich
Ripke erklärt, dass das Mitte Dezember veröffentlichte Eckpunktepapier des
Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) zur Haltung von Mastputen ohne jegliche
aktuelle wissenschaftliche Grundlage die Putenhalter in ihrer Arbeit massiv einschränke.
„Das würde Tierhalter und unsere Unternehmen der Ernährungswirtschaft hierzulande zur
Betriebsaufgabe zwingen und heimisches Putenfleisch für die Verbraucherinnen und
Verbraucher fast unbezahlbar machen“, führte Ripke weiter aus. Importe minderwertiger
tierischer Lebensmittel wären die Folge. Das könnten weder deutsche Politiker noch
Verbraucher und Tierhalter wollen. Hier müsste breite Einigkeit bestehen und in Beschlüsse
umgesetzt werden.
Mitglieder des ZDG demonstrieren
Zahlreiche Bäuerinnen und Bauern sind nach Büsum gereist, um gegen die Vorschläge des
Bundeslandwirtschaftsministers ihre Stimme zu erheben. Ripke unterstrich, dass „der
vorliegende Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen, der ein europaweit einheitliches
Vorgehen und eine Folgenabschätzung einfordert, absolut zu unterstützen ist.“
Bei Haltung von Junghennen, Bruderhähnen und Elterntieren auf Länder hören
Parallel zu den Eckpunkten für Mastputen hat das BMEL auch Eckpunkte für die Haltung
von Junghennen, Bruderhähnen sowie Elterntieren vorgelegt. Auch hier ist Ripke klar:
„Ohne Folgenabschätzung und losgelöst von wissenschaftlichen Fakten darf kein neues
Ordnungsrecht beschlossen werden.“ Gerade seien hierzu in Bundesländern gute und mit
uns abgestimmte Regelungen getroffen worden. Für deren Umsetzung seien ohnehin die
Länder und nicht der Bund zuständig. „Politisches Störfeuer aus dem BMEL wirke eher
verunsichernd für alle Beteiligten“, so Ripke.
Geschlechterbestimmung im Ei in Deutschland nicht abwürgen
Ebenfalls sprach sich der ZDG-Präsident für eine Änderung des Tierschutzgesetzes aus:
„Jedes aktuell praktikable Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei muss weiterhin
ermöglicht werden. Eine technisch umsetzbare Lösung zur Geschlechtsbestimmung im Ei
vor dem siebten Bruttag ist nicht verfügbar.“ Werde das Tierschutzgesetz nicht geändert,
gehe das Sterben der Brütereien weiter, obwohl dieser hochmoderne und
wettbewerbsfähige Sektor mit deutscher Hochtechnologie auch Exportchancen auf den
Weltmarkt erobert hat.
Ohne Änderung des Gesetzes kämen als Lösung ab 01.01.2024 nur Bruderhahnmast und
Import von Junghennen aus dem Ausland bzw. EU-Mitgliedstaaten in Frage, die allesamt
noch keine so weitgehende Regelung wie Deutschland oder gar keine haben.
„Dass man das Problem des Kükentötens letztendlich nur europäisch lösen kann, haben wir
schon in der Verbändeanhörung zum Gesetz in 2021 deutlich gemacht. Wir als deutsche
Geflügelwirtschaft wollen eine Lösung, genau wie die Politiker: so früh wie möglich, aber
auch praktikabel und verhältnismäßig“, so Ripke.
Ausgang Provinzwahlen in Niederlanden bedenken
Mit Hinblick auf den jüngsten Wahlsieg der BoerenBurgerBewegung in den Niederlanden
warnt Ripke: „Wenn der Bund die Ängste der Menschen auf dem Land ignoriert, treibt er
Wählerinnen und Wähler in die Arme von neuen, unberechenbaren Kräften. Wohin das
führen kann, haben wir bereits beim Brexit in Großbritannien gesehen. Alle Verbraucher
müssen angesichts der vielfältigen Krisen bereits heute die inflationsbedingt gestiegenen
Lebenshaltungskosten bestreiten.“
Landwirtschaft braucht Anwälte, nicht Staatsanwälte
Ripke ergänzt seine Warnung: „Aktuell nehmen wir das Handeln insbesondere des
Bundeslandwirtschaftsministeriums als Versuch war, die Tierhaltung abzubauen. Dabei hat
Cem Özdemir bei seinem Amtsantritt versprochen, Anwalt der Landwirte zu sein. Wir
brauchen Anwälte, die uns mit Wertschätzung begegnen – nicht Staatsanwälte, die uns
verfolgen.“
Gemeinschaftlich Transformation der Tierhaltung vorantreiben
Abschließend ruft der ZDG-Präsident die Agrarminister von Bund und Ländern dazu auf,
gemeinsame eine tragfähige Lösung für die Weiterentwicklung der deutschen
Geflügelhaltung zu finden. „Die Wirtschaft ist zum Dialog über eine Transformation bereit,
die uns Planungssicherheit und Zukunft bringt. Lassen Sie uns gemeinsam für hohes und
bezahlbares Tierwohl aus Deutschland, sichere Versorgung in Krisenzeiten und mehr
Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik eintreten!“
Über den ZDG
Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. (ZDG) vertritt als berufsständische Dach- und Spitzenorganisation die Interessen der deutschen Geflügelwirtschaft auf Bundes- und EU-Ebene gegenüber politischen, amtlichen sowie berufsständischen Organisationen, der Öffentlichkeit und dem Ausland. Für die Geflügelfleischwirtschaft sind innerhalb des ZDG der Bundesverband der Geflügelschlachtereien e.V. (BVG), der Bundesverband bäuerlicher Hähnchenerzeuger e.V. (BVH) und der Verband Deutscher Putenerzeuger e.V. (VDP) organisiert. Insgesamt spricht der ZDG für rund 8.000 Mitglieder aus den angeschlossenen Bundes- und Landesverbänden.
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