Geflügelwirtschaft warnt: Agrarpolitiker verspielen Vertrauen
Berlin | 21.09.2023
Anlässlich der Konferenz der Agrarminister des Bundes und der Länder (AMK), die vom 20. bis 22. September 2023 in Kiel stattfindet, zeigt sich der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. (ZDG) äußerst besorgt. Die Politiknverspielt durch ihr widersprüchliches Handeln das Vertrauen der Wirtschaftsbeteiligten und beschädigt die Wettbewerbsfähigkeit einer an sich starken Branche.
Wie ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke gegenüber der AMK forderte, müsste die
Agrarpolitik in Bezug auf die Nutztierhaltung ihre zahlreichen inneren Widersprüche
erkennen und auflösen: „Regieren heißt, Verlässlichkeit und Planungssicherheit zu geben.
Wenn dies nicht schnell wieder geschieht, werden wir statt Innovation in der
Agrarwirtschaft ein noch schnelleres Höfesterben und den Verlust von
Ernährungssicherung erleben.“ Weiter spricht sich Ripke dafür aus, dass Investitionen in
mehr Tierwohl durch Erleichterungen beim Stallbau- und Emissionsrecht flankiert werden
müssten. Nur so würde es gelingen, dass Landwirte teure Investitionen tätigen und dann
davon leben könnten.
Ripke beklagt in einem Wortbeitrag im Rahmen einer Verbändeanhörung gegenüber der
AMK, dass sich die Politik bei ihren Entscheidungen viel zu oft von Wählerstimmen und
gesellschaftlichen Debatte beeinflussen lasse. „Wir brauchen Realpolitik für die reale Welt.
Fakten, Praxis und Wissenschaft müssen die Entscheidungen bestimmen“, betont der ZDGPräsident
und weist auf folgende Probleme hin:
- Zum Umbau der Nutztierhaltung liegt seit Februar 2020 das Konzept der Borchert-
Kommission auf dem Tisch. Obwohl es in einem breiten Prozess aller Stakeholder
erarbeitet wurde, wurde es politisch nicht ausreichend unterstützt.
- Den von manchen Agrarpolitikern immer wieder kolportierten gesellschaftlichen
Wunsch nach mehr Tierwohl gibt es am Markt nicht. Geflügelfleisch der hohen ITWStufe
4 findet nur einen Bruchteil der Nachfrage der Stufe 2, in der 90 % des
deutschen Geflügelfleischs erzeugt werden. Eier aus Bodenhaltung sind der Renner
bei Verbrauchern, nicht solche aus höheren Haltungsformen.
- Wenn Politiker auf sinkenden Fleischkonsum verweisen, ignorieren sie meist, dass
der Selbstversorgungsgrad bei allen Lebensmitteln aus der Geflügelhaltung bei unter 100 % liegt. Bei Eiern rund 70 %, bei Enten und Gänsen nur 10 %. Wer
regionale und Tierwohl-Produkte will, muss jeden einzelnen heimischen Betrieb
erhalten.
- Auf Importe zu setzen und dabei wissentlich heimischen Lebensmittelhygiene-,
Tierwohl- und Nachhaltigkeitsstandards aufzugeben ist ein Skandal. Im Rahmen des
Mercosur-Freihandelsabkommens droht sogar die Lieferung von Soja aus nicht
entwaldungsfreier Produktion.
Über den ZDG
Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. (ZDG) vertritt als berufsständische Dach- und Spitzenorganisation die Interessen der deutschen Geflügelwirtschaft auf Bundes- und EU-Ebene gegenüber politischen, amtlichen sowie berufsständischen Organisationen, der Öffentlichkeit und dem Ausland. Für die Geflügelfleischwirtschaft sind innerhalb des ZDG der Bundesverband der Geflügelschlachtereien e.V. (BVG), der Bundesverband bäuerlicher Hähnchenerzeuger e.V. (BVH) und der Verband Deutscher Putenerzeuger e.V. (VDP) organisiert. Insgesamt spricht der ZDG für rund 8.000 Mitglieder aus den angeschlossenen Bundes- und Landesverbänden.
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