Geflügelwirtschaft will Tarifvertrag für die ganze Branche: „Setzen auf starke Sozialpartnerschaft und Flexibilität“
Berlin | 01.07.2020
In der Diskussion um Arbeitnehmerschutz
in der Fleischwirtschaft macht die deutsche Geflügelwirtschaft der Politik ein
weitreichendes Angebot. „Wir wollen einen Tarifvertrag für die gesamte Branche“,
bringt Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen
Geflügelwirtschaft e. V. (ZDG), eine Regelung nach bestehendem Tarifvertragsrecht
in die Diskussion ein. Diesen von der gesamten deutschen
Schlachtgeflügelbranche getragenen Vorstoß hat Ripke beim digitalen Politischen
Frühstück des ZDG heute früh erstmals im Kreis der Bundespolitik vorgestellt –
mit sehr positiver Resonanz seitens der Parlamentarier. Gastredner Prof. Dr.
Gregor Thüsing bekräftigt aus der fachlichen Perspektive des Arbeitsrechtlers
positive Effekte des Gedankens: „Das ist eine sympathische Lösung, ein Ausdruck
der Stärke der Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern.“
Tarifvertrag sichert Beschäftigten effektiven Arbeitnehmerschutz
Aus Sicht des ZDG ist der allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag gegenüber dem Gesetz die klar stärkere Lösung: Er bietet den Beschäftigten durch umfassende Regelungen effektiven Arbeitnehmerschutz und sichert überdies den Unternehmen die dringend nötige Flexibilität durch Arbeitnehmerüberlassung, also Leiharbeit. „Der Tarifvertrag bietet die Chance, die zahlreichen Vorschläge zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Detail festzuschreiben“, sagt ZDG-Präsident Ripke. „Das wollen wir gemeinschaftlich anpacken, wir stehen zu unserer Verantwortung!“ Das sektorale Verbot von Werkverträgen und Arbeitnehmerüberlassung hält der ZDG nach wie vor für verfassungswidrig. Gleichwohl hat die Branche den Verzicht auf Werkverträge ab Januar 2021 erklärt. „Die Arbeitnehmerüberlassung als wichtiges Instrument für saisonale Absatzspitzen aber brauchen wir“, betont Ripke. „Hier bitten wir die Politik um klare Differenzierung und wichtige Unterstützung.“
Tarifvertrag kann mehr als Gesetz – schneller, umfassender, detailreicher
Warum ist der Tarifvertrag im
Vergleich zu einem Gesetz die klar bessere Lösung? Eine umfassende juristische
Würdigung hierzu gab Prof. Dr. Gregor Thüsing, Direktor des Instituts für
Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Universität Bonn, beim
Politischen Frühstück. „Der Tarifvertrag kann deutlich mehr als ein Gesetz – er
ist schneller, umfassender, detailreicher und hat effektivere
Kontrollregelungen“, ordnete Thüsing den Vorstoß der Geflügelwirtschaft in die
aktuelle politische Debatte ein. Aktuelle Überlegungen, außer Werkverträgen
auch die Arbeitnehmerüberlassung zu verbieten, seien hingegen nicht mehr als ein
„politischer Reflex“ und in der Sache unbegründet, so Thüsing: „Durch die
intensive Regulierung der Leiharbeit zum Beispiel mit Equal Pay ist ein
erheblicher Arbeitnehmerschutz gewährleistet. Für ein Verbot gibt es europa-
und verfassungsrechtlich keine hinreichenden Gründe.“
„Ohne Flexibilität hat die Geflügelfleischerzeugung in Deutschland keine Zukunft“
Für die Wirtschaftsgruppe der
Geflügelschlachtereien im ZDG schilderte Präsidiumsmitglied Paul-Heinz
Wesjohann eindringlich die dramatischen Auswirkungen eines möglichen Verbots
der Arbeitnehmerüberlassung auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Geflügelfleischerzeugung. In der Grillsaison von März bis August seien die
Geflügelschlachtereien auf 20 bis 25 Prozent mehr Mitarbeiter angewiesen, um
die saisonal deutlich höheren Aufträge aus dem Lebensmitteleinzelhandel
bewerkstelligen zu können. „Wenn wir diese Nachfrage nicht bedienen können,
kommt die Ware aus dem Ausland – und dann hat unsere fortschrittliche deutsche
Geflügelfleischerzeugung mit den tierwohlorientierten Geflügelhaltern keine
Zukunft mehr“, richtete Wesjohann einen klaren Appell an die Politik. „Wir
wünschen uns einen Tarifvertrag, aber wir brauchen Ihre Hilfe bei der
Flexibilität.“
Politik lobt Vorstoß der Geflügelwirtschaft als „charmant und überzeugend“
Der Vorstoß der Geflügelwirtschaft in Richtung Tarifvertrag wurde von der Politik in einem offenen, konstruktiven Austausch durch die Bank sehr positiv aufgenommen. Als „charmant und überzeugend“ lobte CDU/CSU-Fraktionsvize Gitta Connemann das Angebot des ZDG: „So lässt sich unser gemeinsames Ziel erreichen, durchgängig gute Arbeitsbedingungen in der Branche zu schaffen und aus den Negativschlagzeilen zu kommen.“
Politisches Frühstück des ZDG erstmals als Videokonferenz durchgeführt
Mit dem erstmals als Videokonferenz durchgeführten Politischen Frühstück geht der ZDG neue Wege. Da eine Präsenzveranstaltung aufgrund der andauernden Corona-Pandemie nicht möglich war, verlegte der ZDG das bewährte Format des Hintergrundgesprächs mit den Bundesparlamentariern kurzerhand ins Internet. Gefrühstückt wurde aber natürlich trotzdem: Der ZDG hatte den rund 25 teilnehmenden MdBs und wissenschaftlichen Mitarbeitern jeweils ein „Frühstücks-Carepaket“ mit Chicken Bagel und Frühstücksei in die Büros liefern lassen – alles selbstverständlich aus deutscher Herkunft.
Über den ZDG
Der Zentralverband der Deutschen
Geflügelwirtschaft e. V. vertritt als berufsständische Dach- und
Spitzenorganisation die Interessen der deutschen Geflügelwirtschaft auf Bundes-
und EU-Ebene gegenüber politischen, amtlichen sowie berufsständischen
Organisationen, der Öffentlichkeit und dem Ausland. Die rund 8.000 Mitglieder
sind in Bundes- und Landesverbänden organisiert.
Pressekontakt:
ZDG Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V.
Christiane von Alemann | Claire-Waldoff-Str. 7 | 10117 Berlin
Tel. 030 288831-40 | Fax 030 288831-50
E-Mail: c.von-alemann@zdg-online.de | Internet: www.zdg-online.de