Stellungnahme der deutschen Geflügelwirtschaft zur Tierwohlkennzeichenverordnung
Tierwohlkennzeichen: ZDG fordert langfristig gesicherte Finanzierung, verbraucherfreundliche Einstiegsstufe – und konsequente Einbeziehung auch der Gastronomie
Berlin | 04.09.2020
Zum Entwurf der Verordnung über ein staatliches Tierwohlkennzeichen hat der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V. (ZDG) heute gegenüber dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eine Stellungnahme abgegeben. Die Branche steht einem nationalen Tierwohlkennzeichen grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, sieht aber zu fünf zentralen Aspekten konkreten Nachbesserungsbedarf:
- Achtung bei EU-Vermarktungsnormen – Ja zu EU-weitem Pflichtkennzeichen!
„Beim Thema Tierwohl darf und muss man groß denken. Es ist absolut richtig, hier den positiven Schwung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu nutzen und eine EU-weite Dimension anzustreben“, begrüßt ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke ausdrücklich die Initiative der Bundesregierung für ein EU-weit verpflichtendes Tierwohlkennzeichen. Dieses muss zwingend mit den EU-Vermarktungsnormen zusammengeführt werden, die dringend und kurzfristig novelliert werden müssen. Bei der Ausgestaltung der nationalen Kennzeichnung für Geflügelfleisch ist sehr genau auf EU-Konformität zu achten, da jegliche von den EU-Vorgaben abweichende Haltungsformkennzeichnung als unzulässig anzusehen ist. Hier sei besonderes Augenmerk gefordert, betont Ripke: „Wir dürfen das Tierwohlkennzeichen im Bereich Geflügel nicht an EU-Recht scheitern lassen!“
- Finanzierung und Planbarkeit langfristig sichern: Mehrkosten erstatten!
Noch immer ungeklärt ist die Finanzierung des staatlichen Tierwohlkennzeichens. Aus Sicht des ZDG braucht es eine zweckgebundene Tierwohlprämie mit einer Laufzeit von mindestens 20 Jahren, welche die Erstattung der Mehrkosten langfristig sichert und Planungssicherheit bietet. Als Finanzierungsinstrument kommt eine von den Verbrauchern zu leistende maßvolle Tierwohlabgabe in Frage. „Wir begrüßen den Entschließungsantrag im Bundestag, der die Bundesregierung auffordert, bis zum Ende der Legislaturperiode einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten“, sagt Ripke. „Die ‚Borchert-Kommission‘ kann hier wertvolle Zuarbeit leisten.“
- Kriterien der Initiative Tierwohl müssen für Einstiegsstufe gelten!
Um mit dem staatlichen Tierwohlkennzeichen die gewünschte Breitenwirkung ohne lange Übergangsfristen zu erzielen, müssen die Kriterien der Initiative Tierwohl Geflügel – insbesondere die Besatzdichte – in die Einstiegsstufe einfließen. „Die erste Stufe muss praktikabel und bezahlbar sein, damit sie beim Verbraucher Akzeptanz findet – und damit die deutsche Tierhaltung wettbewerbsfähig bleibt“, so Ripke.
- Großverbrauchersegment in Tierwohlkennzeichen einbeziehen!
„Tierwohl darf nicht an der Tür zum Restaurant oder zur Kantine aufhören!“, plädiert ZDG-Präsident Ripke für eine einheitliche Betrachtung der Tierwohlstandards über alle Vermarktungswege hinweg. Es ist daher ein zentrales Anliegen der deutschen Geflügelwirtschaft, den mit einem Mengenanteil von rund 65 Prozent höchst relevanten Großverbraucherbereich in die Nutzung des staatlichen Tierwohlkennzeichens einzubeziehen. Aus Sicht von ZDG-Präsident Ripke ist die Verknüpfung mit einer Herkunftskennzeichnung auch in der Gastronomie der richtige Weg: „Nur so tragen wir flächendeckend zu einer signifikanten Anhebung von Tierwohlstandards bei.“
- Wettbewerbsfähigkeit nicht gefährden – Folgenabschätzung erforderlich!
Es ist unerlässlich, dass der Einführung des Kennzeichens eine umfassende Folgenabschätzung für alle betroffenen Sektoren vorgeschaltet ist. Hiermit muss eine neutrale Stelle beauftragt werden. Ripke: „Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Geflügelwirtschaft darf durch die Einführung der Kennzeichnung nicht gefährdet werden, im Gegenteil: Sie muss gefördert werden!“
Über den ZDG
Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V. vertritt als berufsständische Dach- und Spitzenorganisation die Interessen der deutschen Geflügelwirtschaft auf Bundes- und EU-Ebene gegenüber politischen, amtlichen sowie berufsständischen Organisationen, der Öffentlichkeit und dem Ausland. Die rund 8.000 Mitglieder sind in Bundes- und Landesverbänden organisiert.
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